29.08.2025
Zum israelischen Siedlungsbau im Westjordanland
Der israelische Siedlungsbau im Westjordanland ist eines der umstrittensten Themen im Nahostkonflikt und wird von unterschiedlichen Seiten sehr unterschiedlich bewertet. Mit diesem Kommentar möchte ich möglichst ausgewogen beide Perspektiven berücksichtigen: die israelischen Sicherheits- und Identitätsinteressen sowie die palästinensischen Rechte und die internationale Rechtslage.
Einerseits sehen viele Israelis in den Siedlungen eine legitime Ausdrucksform historischer, religiöser und sicherheitspolitischer Ansprüche. Teile der israelischen Politik betonen, dass jüdische Präsenz im Westjordanland – in biblischer Tradition auch „Judäa und Samaria“ genannt – ein Recht auf Rückkehr zu historischen Wurzeln darstellt. Zudem wird argumentiert, dass die strategische Tiefe, die die Region bietet, für Israels Sicherheit angesichts regionaler Bedrohungen wichtig sei. Manche Israelis verstehen die Siedlungen auch als Verhandlungsmasse in einem zukünftigen Friedensprozess.
Andererseits betrachten die Palästinenser und weite Teile der internationalen Gemeinschaft die Siedlungen als völkerrechtswidrig. Nach Auffassung der Vereinten Nationen verstößt der Bau gegen die Vierte Genfer Konvention, da eine Besatzungsmacht keine eigene Bevölkerung in besetztes Gebiet umsiedeln darf. Kritiker weisen darauf hin, dass die Ausweitung der Siedlungen zu einer Fragmentierung palästinensischer Gebiete führt, was eine zusammenhängende und lebensfähige Palästinenserstaatlichkeit zunehmend erschwert. Darüber hinaus verschärfen Siedlungsbau und die damit verbundenen Einschränkungen für Palästinenser Spannungen im Alltag und schwächen das Vertrauen in einen gerechten Friedensprozess.
Letztlich bleibt der Siedlungsbau ein politisches und moralisches Dilemma: Er ist Ausdruck tiefer verwurzelter israelischer Sicherheits- und Identitätsinteressen, gleichzeitig aber auch ein großes Hindernis für eine Zwei-Staaten-Lösung und für das Vertrauen der Palästinenser in die Verhandlungen. Eine nachhaltige Lösung wird vermutlich nur durch direkte Verhandlungen erreicht werden können, in denen beide Seiten bereit sind, schmerzhafte Kompromisse einzugehen.
Bericht